Schluss des Marianischen Jahres
13.8.1988 Loreto
und 15.8.1988 Marienfried
In seiner Enzyklika Redemptoris matere vom 25. Mrz 1987
hatte Papst Johannes Paul II. ein Marianisches Jahr angekndigt, das von
Pfingsten 1987 (7. Juni) bis zum Maria Himmelfahrtsfest 1988 dauern sollte. Es
htte ein ganz besonderes Gnadenjahr mit dem stndigen Blick auf Maria, die
Mutter Christi und Mutter der Kirche und Mutter jedes einzelnen Gliedes der
Kirche werden sollen. Nun geht es bermorgen zu Ende. Die ganze Kirche htte
durch dieses Marianische Jahr dazu aufgerufen werden sollen, sich nicht nur an
all das zu erinnern, was in ihrer Vergangenheit das besondere mtterliche
Mitwirken der Gottesmutter am Heilswerk Christi, des Herrn, bezeugt, sondern
die Kirche htte auch ihrerseits fr die Zukunft die Wege fr dieses
Zusammenwirken bereiten sollen.
Dabei dachte der Papst beim Gedanken an die Zukunft der
Kirche konkret besonders an die 13 Jahre, die uns noch von der Wende vom 2. zum
3. Jahrtausend trennen, und er meinte, wir sollten allen diesen 13 Jahren
beginnend mit dem Marianischen Jahr im Sinn von Fatima ein ganz marianisches
Geprge geben: wenn nmlich in 13 Jahren an der Wende vom 2. zum 3. Jahrtausend
es nun schon 2000 Jahre her ist, dass in der Flle der Zeit der menschgewordene
Sohn Gottes aus Maria der Jungfrau geboren wurde, so gehrt es sich, dass wir
uns immer wieder daran erinnern, wie dieses Ereignis der Menschwerdung Gottes
durch das demtige Jawort Mariens zustande kam.
Wir hatten uns deshalb bei den Fatima-Shnemessen und
Predigten vorgenommen, in diesem Marianischen Jahr 1. Maria eifriger als sonst
zu gren in der ehrfrchtigen Haltung, in der der Engel Gabriel Maria bei der
Verkndigung des Heilsratsschlusses Gottes gegrt hat.
2. Wir hatten uns weiter vorgenommen, in diesem Marianischen
Jahr Maria eifriger als sonst nachzuahmen in ihrer demtigen Bereitschaft, in
allem den Willen Gottes zu erfllen als demtige Magd des Herrn.
3. Wir hatten uns weiter vorgenommen, in diesem Marianischen
Jahr unsere Weihe an Maria nicht blo oft ganz bewusst zu erneuern, sondern
diese unsere Weihe an Maria auch zu leben.
1. Ein
frohes Gren der himmlischen Mutter sollte also in diesem Marianischen Jahr
immer wieder ber unsere Lippen kommen. Wir wollten Maria vor allem tglich
gren im wieder eifriger gebeteten Engel des Herrn und im tglich gebeteten
Rosenkranz. Wir wollten Maria gren in frohen Wallfahrten zu ihren
Gnadenbildern und Gnadensttten, um sie dort in frohem Beten und Singen zu preisen und zu benedeien als die
Makellose, als die jungfruliche Mutter und Knigin. Wir wollten Maria gren
in ihrem Bild, das wir wieder in unseren Wohnungen aufhngen und schmcken
wollten. Nun, wie war dieser unser Gru an Maria in diesem Marianischen Jahr,
das nun zu Ende geht? Konnte unsere himmlische Mutter mit uns diesbezglich
zufrieden sein? Es wre gar nicht schlecht, sondern sehr angebracht, darber
heute ehrliche Gewissenerforschung anzustellen.
2. Wie
haben wir in diesem zu Ende gehenden Marianischen Jahr Maria nachgeahmt in
ihrem strahlenden Vorbild, in ihrer demtigen Ancilla-Domini-Haltung, in ihren
Tugenden? Hat man davon berhaupt etwas gesprt im persnlichen Leben eines
jeden von uns, im Gemeinschaftsleben unserer Familien, Gruppen und Verbnde und
in unseren Pfarrgemeinden?
3. Und wie
haben wir uns bemht, unserer Weihe an das unbefleckte Herz Mariens in diesem
marianischen Jahr, vor allem an den 13. Jeden Monats, ganz bewusst zu erneuern und dann wieder ganz ernst zu
nehmen und zu leben?
Insgesamt
steht da die Frage vor uns: wie waren wir in diesem Marianischen Jahr zu
unserer himmlischen Mutter? Und
umgekehrt: Wie war sie gegen uns in diesem ihr geweihten Jahr?
Vielleicht
haben wir wenigstens dann und wann erkannt, dass wir Maria gegenber zu grtem
Dank verpflichtet sind fr so viel uns entgegengebrachte Mutterliebe, fr so
viele Gnaden, die sie uns vermittelt hat, fr ihr unbertreffliches Vorbild,
das sie uns gegeben hat.
Wie soll
fortan unser Verhltnis zu Maria sein? Vielleicht haben wir im Lauf dieses
Marianischen Jahres dann und wann wieder tiefer erfasst und erkannt, wie
sinnvoll es ist, sich Maria aus ganzem Herzen zu weihen.
Was wre
denn berhaupt Wesen und Sinn unserer Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens?
Soll
unsere Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens, die wir zum Abschluss des
Marianischen Jahres ganz bewusst und aus voller berzeugung erneuern wollen,
mehr sein als nur eine fromme, aber uerlich gebliebene Zeremonie mit einem
dabei gesprochenen Gebet, so mssen wir wissen, worum es dabei geht.
Wenn wir
von der Weihe an die Gottesmutter sprechen, so denken wir gewhnlich daran,
dass wir uns in ganz besonderer Weise unter ihren Schutz stellen und ihre
mtterliche Hilfe anrufen: Als gtige Mutter bernimmt sie diese Aufgabe sicher
sehr gern.
Aber der
Kern der Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens besteht in mehr, besteht vor
allem darin, dass wir uns ihr ganz zu eigen geben. Die Weihe an Maria soll, wie
der Papst es im Sinn seines Wahlspruchs Totus tuus (Ganz dein) eine vllig
Selbstbereignung an Maria fr Zeit und Ewigkeit sein. Mit klarer berlegung,
mit freiem Willensentschluss, mit inniger, kindlicher Liebe und mit
grenzenlosem Vertrauen geben wir uns, Leib und Seele, mit allem, was wir sind
und haben, in die Hnde Mariens, und zwar in der Absicht und Intention, dass
sie, die Mutter, uns, ihre Kinder, hintrage zum dreifaltigen Gott, dem wir in
der Hl. Taufe geweiht worden sind. In der Weihe und Ganzhingabe an Maria
bergeben wir uns unserer himmlischen Mutter und Knigin, damit sie uns in ihrer
mtterlichen Liebe und Sorge helfe, immer mit Gott ganz innig verbunden zu
bleiben, immer im Gnadenstand, in der heiligmachenden Gnade und in der
Freundschaft mit Gott zu bleiben und nie von Gott getrennt zu werden durch die
schwere Snde mit dem Risiko der ewigen Verdammnis in der Hlle.
Durch
die Ganzhingabe und Weihe an Maria wren wir dann aber verpflichtet, nach dem
Vorbild Mariens und in Nachahmung ihrer Tugenden Gottes Gebote gewissenhaft zu
beobachten, unserer Standespflichten verantwortungsbewusst und gut zu erfllen
und unser Leben immer z u gestalten nach der Weisung, die Maria den Jngern
Jesu bei der Hochzeit zu Kana gegeben hat: Alles, was Er (mein gttlicher Sohn
Jesus Christus) sagt, das tut!
Beachten
wir: der Erste, der sich ganz Maria hingegeben hat, war Er, der menschgewordene
Sohn Gottes. In den neun Monaten, die Er als Kind unter ihrem unbefleckten
Herzen lebte, wollte Er ganz innig mit ihr verbunden sein und wollte nur durch
Maria leben, nur durch Maria atmen, nur durch Maria ernhrt werden; wollte von
Mariens Blut in seinem ganzen Leib durchpulst werden. Und als er dann in der
Heiligen Nacht das Licht der Welt erblickt hatte, wollte er noch lange, viele
Monate lang ganz und gar Maria ausgeliefert sein: Von Maria wurde er ernhrt;
von ihr wurde er gewickelt, von Maria wurde er gebadet, von Maria wurde er
bekleidet. Alles nahm Er, der menschgewordene Sohn Gottes, von Maria an. Unter
dem Mutterblick Mariens wuchs Er dann heran. Auf ihre Frbitte hin wirkte Er
dann zu Beginn seines ffentlichen Lehrens und Wirkens sein erstes Wunder. Und
sein letzter Blick, sterbend am Kreuz, fiel nochmals auf Maria, die ihm so treu
und hilfsbereit geholfen hatte, dem himmlischen Vater das groe
Vershnungsopfer darzubringen!
Seht, so
sollten wir es bei der Weihe und Ganzhingabe an Maria gewissermaen nur Christus nachmachen: Wir wollen ganz
Gott gehren fr Zeit und Ewigkeit, aber durch die Hnde Mariens. Ihr vertrauen
wir uns an; ihr weihen wir uns mit der Bitte: Mutter, sorge du dafr, dass wir
Gotteskinder, Gnadenkinder bleiben! Dazu haben wir uns dir bergeben als dein
Gut und Eigentum.
Auf zwei
heiligmige Priester, die die so verstandene Ganzhingabe und Weihe an Maria
besonders propagiert und verbreitet haben, mchte ich da heute noch etwas
ausfhrlicher hinweisen.
Der
bekannteste dieser beiden Priester ist der Hl.
Ludwig Maria Grignion von Montfort.
Er ist
durch sein goldenes Buch Die wahre Andacht zur Hl. Jungfrau und durch seine
Schrift Das Geheimnis Mariens berhmt geworden.
Dieser
ganz marianisch eingestellte Priester und Volksmissionr wurde 1673 als 2. von
18 Kindern eines Advokaten in Montfort sur Meu in der franzsischen Bretagne
geboren.
Whrend
seines Studiums am St. Thomas-Kolleg der Jesuiten in Rennes wurde ihm in einer
Vision der seligsten Jungfrau Maria seine knftige apostolische Berufung
mitgeteilt und der Weg, den er dabei zu gehen habe erklrt, nmlich immer und
in allem durch Maria zu Jesus zu gehen. Er studierte dann Theologie im
Priesterseminar von Saint-Sulpice in Paris, wo ihn der Geist des groen
Marienverehrers J.J. Olier tief beeindruckte.
Als
Ludwig Maria Grignion von Montfort am 5. Juni 1700 zum Priester geweiht worden
war, schrieb er an seinen bisherigen Vorgesetzten: Ich spre das groe
Verlangen in mir, unermdlich dafr zu arbeiten, dass unser Herr Jesus Christus
und seine heilige Mutter immer mehr geliebt werden. Es drngt mich, in
einfacher, schlichter weise der Landbevlkerung die Katechismus-Wahrheiten
beizubringen und dabei die Menschen vor allem auf die rechte, innige
Marienverehrung hinzulenken. Das wurde dann zum eigentlichen Lebensprogramm in
den kurzen 16 Jahren seines Priesterlebens. Er wurde ein beraus erfolgreicher
Volksmissionr, der in der Bretagne in rund 200 Volksmissionen, die jeweils 5
Wochen dauerten, beraus segensreich wirkte. Der groe Erfolg bei seinen
Volksmissionen ging dabei nicht so sehr auf die von ihm angewandten Mittel
zurck, sondern vor allem auf seine ganz einzigartig innige Verehrung der
jungfrulichen Gottesmutter, deren hilfreiche Nhe er whrend der
Volksmissionen oft ganz auffallend zu spren bekam.
ber
seinen frhen Tod hinaus – er starb erst 43jhrig am 28. April 1716
– hat der Hl. Ludwig Maria Grignion durch sein Goldenes Buch ber die
wahre Andacht zur Hl. Jungfrau, kurz Die vollkommene Andacht genannt, ganz
stark weitergewirkt. Das Manuskript
dieses Buches war jahrzehntelang vllig verschollen. Als es dann aber auf fast
wunderbare Weise entdeckt und dann gedruckt wurde, erlebte es einen Siegeszug
durch die ganze Welt und begeisterte viele fr die Ganzhingabe an Maria: der
hl. Ludwig Maria Grignion empfiehlt in diesem Goldenen Buch, sich in der Art
eines Sklaven voll und ganz an Maria hinzugeben und durch Maria an ihren
gttlichen Sohn Jesus Christus, und
sodann alles zu tun mit Maria, in Maria, durch Maria, fr Maria.
Grundlegend ist dabei die vllige Schenkung seiner selbst und allen Besitzes an
die seligste Jungfrau; man schenkt ihr Leib und Seele mit allen Fhigkeiten und
will diese nur nach dem Willen der Gottesmutter und ihres Sohnes behalten und
gebrauchen. In der gleichen Absicht schenkt man ihr auch die ueren Gter,
nmlich sein Haus, seine Familie, seine Einknfte und bertrgt ihr das
Verfgungsrecht ber alle Genugtuungs- und Verdienstwerte seiner guten Werke.
Es gengt dabei nicht, wie der Heilige ausdrcklich schreibt, sich einmal der
seligsten Jungfrau als Sklave hingegeben zu haben, man muss vielmehr alles tun
durch Maria, mit Maria und in Maria; das nchste Ziel allen Handelns soll die
Ehre Marias, unserer Herrin und Knigin, sein, das letzte Ziel aber die Ehre
Gottes; dabei soll man den eigenen Absichten, Einsichten und Neigungen vllig
entsagen und an deren Stelle die Marias setzen.
Die
dogmatische Voraussetzung fr diese Lehre des Hl. Ludwig Maria Grignion liegt
in der Erkenntnis der Stellung Marias im gttlichen Heilsplan, in der Haltung
der demtigen Magd des Herrn bei ihrem Fiat, und in der Nachfolge Christi,
der sich seiner jungfrulichen Mutter im Geheimnis der Menschwerdung
rckhaltlos bergeben und anvertraut hat. Der Heilige war sich bewusst,, dass
nicht jeder imstande sein wrde, diese Hingabe an Maria bis zur letzten
Konsequenz zu verwirklichen.
Dennoch
haben nicht blo die Angehrigen der beiden vom Hl. Ludwig Maria Grignion
gegrndeten Ordensgenossenschaften der Montfortaner und der Tchter der
Weisheit die Ganzhingabe an Maria in ihre Ordensregel aufgenommen, sondern
auch mehrere andere Kongregationen (wie die Grignion-Schwestern in Alttting
und die Canisius-Schwestern in Freiburg in der Schweiz). Ihre grte Breitenwirkung entfaltet die
Vollkommene Andacht in der Legio Mariae, deren Frmmigkeitshaltung sich auf
der Grignionschen Lehre aufbaut und die sozusagen die praktische und
organisierte Form der Ganzhingabe an Maria darstellt.
Auf
Einwnde und Schwierigkeiten theologischer und psychologischer Art, die gegen
die Vollkommene Andacht vorgebracht wurden und werden, ist mit recht auch
hingewiesen worden. Sie stellen sich letztlich aber als unbedeutend heraus,
wenn man an die vielen kostbaren Frchte denkt, die durch sie bei vielen Menschen,
die sie bten, in ihrem Vollkommenheitsstreben herangereift sind. Ein besonders
schnes, konkretes Beispiel stellt dafr der flmische Priester Eduard Poppe
dar, der nach nur achtjhrigem Priestertum im Jahre 1924 im Ruf der Heiligkeit
starb.
Dass die
Vollkommene Andacht auch durch das oberste Lehramt der Kirche gutgeheien
worden ist, zeigte sich in uerungen Leos XIII. anlsslich der Seligsprechung
Ludwig Maria Grignions am 22. Januar 1888 und in uerungen Pius XII.
anlsslich der Heiligsprechung am 20. Juli 1947.
bersehen
wir bei dem Hl. Ludwig Maria Grignion und seiner Ganzhingabe und Weihe an Maria
ja nicht, dass sie fr ihn nur ein Weg sein soll, der sicher und vollkommen zu
Christus fhrt. Nach diesem Heiligen ist die Marienweihe als vollkommene
Andacht zu Maria ein leichter, kurzer, vollkommener und sicherer weg zu
Christus. Christus ist das eigentliche Ziel der Marienweihe, durch Maria zu
Christus: Je mehr eine Seele Maria geweiht ist, desto mehr ist sie Jesus
Christus geweiht, sagt dieser Heilige: darum sieht er die Marienweihe
theologisch ganz richtig als eine vollkommene Erneuerung des Taufgelbdes an:
In der Taufe sind wir Christus eingegliedert worden. Maria soll uns, wenn wir
uns ihr weihen, helfen, dass wir immer strker mit Christus verbunden werden
und mit ihm verbunden bleiben. Wie Maria entscheidend mitgewirkt hat bei der
Menschwerdung des Sohnes Gottes Jesus Christus, so soll Maria auch ganz
entscheidend mitwirken beim Christwerden jedes Getauften. Wrtlich sagt der Hl.
Ludwig Maria Grignion: Gott Sohn will sich jeden Tag durch seine liebe Mutter
in seinen Gliedern gestalten und gleichsam in ihnen Fleisch annehmen.
Dass es
diesem marianischen Heiligen bei der Ganzhingabe an Maria letztlich um Christus
geht, der in uns immer mehr Gestalt annehmen soll, das zeigt sich besonders
klar in der von diesem Heiligen vorgeschlagenen Weiheformel, (die so lautet: Ich
N.N., treuloser Snder, erneuere und bekrftige heute in deine Hnde (selige
Jungfrau Maria) meine Taufgelbde. Ich widersage fr immer dem Teufel, seiner
Pracht und seinen Werken und bergebe mich ganz Jesu Christo, der
menschgewordenen (ewigen) Weisheit, um mein Kreuz ihm nachzutragen alle Tage
meines Lebens: Und damit ich ihm treuer (verbunden) sei, als ich es bisher
gewesen bin, erwhle ich dich heute, o Maria, in Gegenwart des ganzen
himmlischen Hofes, zu meiner Mutter und Herrin. Ich bergebe und weihe dir als
dein Sklave meinen Leib und meine Seele, meine inneren und ueren Gter und
sogar den Wert aller meiner vergangenen, gegenwrtigen und zuknftigen guten
Werke, indem ich dir das ganze und volle Recht berlasse, ber mich und all das
Meinige ohne Ausnahme nach deinem Wohlgefallen zu verfgen zur greren Ehre
Gottes in der Zeit und in der Ewigkeit.)
Die in
diesem Weihegebet ausgesprochene bereignung an Maria will letztlich nichts
anderes sein als der gromtige Entschluss, die Mutter des Herrn als besonderes
Lebensvorbild in der Christusnachfolge zu erwhlen. Wer im Sinn der
vollkommenen Andacht zu Maria zu leben sucht, kommt nach dem Hl. Ludwig Maria
Grignion dahin, alles durch, mit, in und fr Maria zu tun.
Der
zweite Priester, der die Weihe und Ganzhingabe an Maria propagiert hat,
ist P. Nikolaus Zucchi.
Wenn von der vollkommenen Hingabe und Weihe
an Maria und durch Maria an Jesus die Rede ist, spricht man fast immer nur vom
Hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort; er hat aber einen Vorgnger gehabt in
jenem heiligmigen Jesuiten, P. Nikolaus Zucchi, der drei Jahre vor der Geburt
des Hl. Ludwig Maria Grignion, nmlich 1670, in Rom 84jhrig gestorben ist.
Nikolaus Zucchi, dieser heiligmige Jesuit wirkte jahrelang ungemein
erfolgreich als Professor der Physik und Mathematik an der Universitt des
Collegium Romanum, das der Hl. Ignatius v. L. gegrndet hatte. Als Gelehrter
schreib er mehrere Werke ber Fragen der Technik und Optik. Er war der
Entdecker des Teleskops und war der erste, der 1630 die Flecken des Planeten
Jupiter entdeckte.
Neben der
Professur war P. Nikolaus Zucchi ein ganz selbstloser, kluger Seelsorger an
seinen Hochschlern; der erfahrene Jugendseelsorger stellte bald fest, wie
viele seiner Studenten in den Strmen der
Jugend in ganz groe Versuchungen gegen die Reinheit gerieten, furchtbar
zu ringen und zu kmpfen hatten und dabei leider gar manchmal auch schwere
Niederlagen erlebten.
Da
empfahl er den unter grten Schwierigkeiten Ringenden und Reifenden, vor allem
wenn sie in die schlechte Gewohnheit der Masturbation (Selbstbefriedigung) hineingeraten
waren, sie sollten jeden Tag am Morgen nach dem Aufstehen und abends vor dem
Schlafengehen ein Ave Maria beten und dazu das von ihm verfasste Weihegebet an
Maria: O Domina mea et mater mea ... (O meine Herrin, o meine Mutter, dir
bringe ich mich ganz dar und um dir meine Hingabe zu bezeigen, weihe ich dir
heute meine Augen, meine Ohren, meinen Mund, mein Her, mich selber ganz und
gar. Weil ich also dir gehre, o gute Mutter, so bewahre und beschtze mich als
dein Eigentum.
P. Nikolaus
Zucchi hat spter in seinem Werk Sulla vera devozione nella servit della
Vergine Nostra Signora (Rom 1666) selber erzhlt, wie Tausende und tausende
die Kraft dieses Weihegebetes erfahren haben und standhaft und stark geblieben
sind in allen Versuchungen und Schwierigkeiten: der Gedanke, dass diese
ringenden Menschen ihre Hnde, ihre Augen, ihre Ohren, ihren Mund, ihr Herz,
ihren Leib und ihre Seele der makellosen
Jungfrau geweiht hatten, hielt sie sogar in ganz groen Gefahren vor dem
Bsen und vor dem Fall in die Todsnde zurck.
Seht,
liebe Brder und Schwestern im Herrn, diese Weihe und Ganzhingabe an Maria ganz
im Sinn des Hl. Ludwig Maria Grignion und im Sinn seiner Sklavenschaft oder
Knechtschaft gegenber der jungfrulichen Gottesmutter, sollte man nicht nur
bei feierlichen Anlssen, sondern oft, ja tglich ganz bewusst erneuern: O
meine Herrin, o meine Mutter, dir bringe ich mich ganz dar ... dazu sollte
immer auch ein Ave Maria kommen. Und ich bin berzeugt, die Gottesmutter wird
sich immer verpflichtet fhlen, auf einen solchen Menschen ganz besonders zu
achten und ihn ganz besonders zu beschtzen, weil er ja ganz und gar ihr gehrt
und ihr Eigentum geworden ist.
So wie
ein rechtschaffener, charaktervoller, ordnungsliebender Mensch auf sein
Eigentum, auf seine Sachen achtet, dass sie schn sauber bleiben und nicht
verschmutzen, so macht es dann die Immaculata mit solchen Menschen, die sich
ihr in der Ganzhingabe geweiht haben. Diese Weiheformel in etwas verkrzter
Form knnte man auch tagsber bei Versuchungen und Schwierigkeiten leicht
wiederholen, andchtig und vertrauensvoll: O meine Herrin, o meine Mutter,
gedenke, dass ich dein bin, bewahre mich, beschtze mich als dein Eigentum!
Ja,
nehmen wir Maria ruhig beim Wort. Sie hat es denen, die sich ihr weihen,
versprochen, sie ganz besonders zu beschtzen und zu beschirmen. Und es stimmt
der alte Spruch, hinter dem viel Erfahrung steckt: Servus Mariae numquam
peribit. – Ein Diener Marias geht niemals verloren.
Wie
vielen jungen Menschen, die ihre Weihe an Maria ernst genommen haben, schon
geholfen worden ist, haben vor einigen Jahren zwei erfahrene Jugendseelsorger
– P. Ludwig Esch SJ und Dr. Josef Maier in ihren Bchern aufgezeigt: sie
haben Jugendliche und auch reife Menschen befragt, was ihnen Maria in der
Jugendzeit, in den Kmpfen und Strmen der Reifejahre bedeutet habe. Die
Antworten darauf haben sie in einem Buch verffentlicht. Hunderte von jungen
Menschen kommen da zu Wort und schildern in oft ergreifender Weise, wie ihnen Maria
geholfen und immer wieder geholfen hat und wie ihnen das Ideal Marias Halt und
Sttze in schweren Stunden war.
Viele
von uns knnten das sicher ebenfalls besttigen. Es braucht dabei freilich die
richtige Auffassung der Weihe an Maria.
Man muss
sich dabei immer wieder neu fr sie und ihr Ideal begeistern, fr diese Frau,
die ganz rein und ganz schn ist und nichts anderes will als nur dies, uns zu
ihrem Sohn zu fhren in einem solchen Zustand, in welchem er an uns sein
Wohlgefallen haben kann.
Man muss
sich immer wieder neu begeistern fr Maria, man muss immer wieder zu ihr in
heiliger Begeisterung aufschauen. Wie de und schnde wird dann alle Sinneslust
und sexuelle Sndenlust, die zuletzt ja doch nur Gewissensunruhe und Ekel
zurcklsst.
Aufschauen
zu ihr, dieser unbeschreiblich reinen, edlen, schnen Frau!
Die
kleine Bernadette Soubirous von Lourdes hatte einem Knstler, die schne Dame,
die sie in der Grotte von Massabielle so oft geschaut hatte, ausfhrlich
geschildert und beschrieben, damit dieser Knstler die Immaculata dann
nachgestalten knne in einer Statue, die dann in der Grotte von Massabielle
aufgestellt werden sollte. Und der Knstler gab sich viel, unsagbar viel Mhe,
das Bild der Immaculata nach der Schilderung Bernadettes so schn als nur
mglich zu gestalten: Und als er fertig war mit seiner Arbeit wurde Bernadette
gerufen. Sie musste ihr Urteil abgeben: Hat die dir erschienene Dame so
ausgesehen? Da fing Bernadette zu
weinen an: Ja, was ist denn los? Stimmt es also nicht? Habe ich Maria nicht
richtig getroffen? so fragte der Knstler. Bernadette antwortete ihm: Die
Statue ist schon so, wie ich sie beschrieben habe, aber sie ist viel viel schner. Man kann sie ja gar nicht schildern.
Schildern
kann man sie nicht, aber begeistern kann man sich fr so viel Schnheit, fr so
viel unverletzte, ungetrbte Reinheit: Ihr gegenber sind ja all die
sogenannten Schnheitskniginnen nur armselige Fratzen.
Sich
begeistern fr Maria, die Immaculata!
Ich
meine, Gott hat nicht blo deshalb Maria als einziges Menschenkind unbefleckt
bewahrt vor der Erbsnde und jeder persnlichen Snde, damit sie im Geheimnis
der Menschwerdung eine wrdige Wohnstatt des Sohnes Gottes werden, sondern
auch, damit uns Maria immer wieder
und immer wieder, wenn uns die Triebe und Leidenschaften und die sexuell
verschmutzte Atmosphre mit all den in den Medien dargebotenen Niedrigen Reizen
ins Gemeine und Bse niederziehen mchten, wir uns immer wieder neu begeistern
fr das Schne, Edle und Reine, das in Maria verkrpert ist.
Die
gelebte Weihe und Ganzhingabe an Maria muss im stndigen Bemhen bestehen, der
Immaculata immer hnlicher zu werden und uns von ihr als Mutter tglich neu
weiterfhren zu lassen zu ihrem gttlichen Sohn.
Weihe an
Maria! Vollziehen wir sie; vertrauen wir uns ihr, der Unbefleckt empfangenen,
jungfrulichen Gottesmutter an. Schenken wir ihr unser grenzenloses Vertrauen,
dass sie uns einmal gut hinberbringen wird in die Ewigkeit. Denn sie hlt, was
sie verspricht. Halten auch wir unser Versprechen. Amen